Forderungen

Das Leben in Wohn·heimen muss besser werden.
Und in Zukunft soll es keine Wohn·heime mehr geben.

Menschen mit Behinderungen erleben Gewalt in Wohn·heimen.
Sie erleben dort verschiedene Arten von Gewalt und Ausgrenzung.
Was kann man gegen diese Gewalt tun?
Das will das Projekt #AbleismustTötet heraus·finden.

Wir haben das Thema Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen unter·sucht.
Die Ergebnisse unserer Untersuchung sollen gegen die Gewalt helfen.

Am Ende unserer Unter·suchung haben wir Forderungen aufgeschrieben.
Forderungen, was sich verändern muss.
Diese Forderungen stellen wir nicht alleine.
Sondern zusammen mit verschiedenen Organisationen.
Die Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und vor allem für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Träger und Unterzeichner dieser Forderungen sind die Menschenrechts- und Behindertenorganisationen:

  1. AbilityWatch e. V.
  2. BAG Selbsthilfe e. V.
  3. bifos (Bildungs- und Forschungsinstitut zum selbstbestimmten Leben Behinderter)
  4. BODYs (Bochumer Zentrum für Disability Studies)
  5. ISL e. V. (Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland e.V.)
  6. Liga Selbstvertretung
  7. Netzwerk Artikel 3
  8. Sozialhelden e. V.
  9. Weibernetz e. V.
  10. WOHN:SINN - Bündnis für inklusives Wohnen e.V.
  11. Zentrum für Disability Studies und Teilhabeforschung Hamburg (Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie)
  12. Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen e. V.

Wir haben verschiedene Forderungen.
Manche sind kurz·fristig.
Das bedeutet:
Man kann sofort etwas verändern.
Andere Forderungen sind lang·fristig.
Das heißt:
Man kann die Forderungen nicht sofort umsetzen.
Es muss mehr verändert werden.
Es sind Forderungen für die Zukunft.

Diese Forderungen haben wir zusammen mit Fach·leuten aufgeschrieben.
Es sind Fach·leute aus verschiedenen Bereichen.
Denn:
Es muss Veränderungen in verschiedenen Bereichen geben.

Am Ende der Forderungen gibt es ein Fazit.
Man kann auch sagen:
Eine Zusammen·fassung aller Forderungen.

Inhalt

Einleitung

Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen passiert oft. Zu oft.

Es gibt immer mehr Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen in Wohn·heimen.
Wer muss jetzt etwas tun?
Was muss sich sofort ändern?
Und was muss sich in der Zukunft ändern?

Oft schreiben Zeitungen:
Gewalt·taten in Wohn·heimen sind tragische Einzel·fälle.
Das bedeutet:
Es passiert nur selten.
Aber das stimmt nicht.
Es passiert oft.
Und an vielen verschiedenen Orten.
Das ist das Ergebnis unserer Untersuchungen.
Das hat der Verein AbilityWatch heraus·gefunden.

Wie hat der Verein es heraus·gefunden?
Wir haben Menschen befragt.
Wir haben Menschen mit Behinderungen gefragt:
Haben sie Gewalt erlebt?
Und wenn ja:
Welche Arten von Gewalt haben sie erlebt?

Aber nicht nur wir haben Menschen befragt.
Auch die Bundes·regierung hat Menschen zu diesem Thema befragt.
Und die Uni Bielefeld auch.
Ihre Untersuchungen haben ergeben:
Menschen mit Behinderungen erleben oft Gewalt.
Vor allem Frauen mit Behinderungen.
Sie erleben mehr als doppelt so oft Gewalt wie Frauen ohne
Behinderung.

Frauen mit Behinderung erleben verschiedene Formen von Gewalt.
Zum Beispiel sexuelle Gewalt.

Aber auch Männer mit Behinderungen erleben Gewalt.
Öfter als Männer ohne Behinderungen.
Auch sie erleben mehr als doppelt so oft Gewalt.
Viele Männer mit Behinderungen erleben seelische Gewalt.
Das bedeutet zum Beispiel:
Sie werden beschimpft.
Oder sie werden ausgegrenzt.
Ab einem Alter von 16 Jahren.

Aber:
Es gibt nicht nur Männer und Frauen mit Behinderungen.
Es gibt auch nicht-binäre Menschen mit Behinderungen.
Auch sie erleben Gewalt in Wohnheimen.
Aber dazu gibt es noch keine genaueren Untersuchungen.
Aber:
Nicht-binäre Menschen mit Behinderungen erleben gleich aus 2
Gründen Benachteiligungen:

Weil sie Menschen mit Behinderungen sind.
Und weil sie nicht-binär sind.
Darum glauben wir:
Sie erleben oft Gewalt.
Aber wir können es nicht mit Sicherheit sagen.

Es gibt immer öfter Gewalt in Wohn·heimen für Menschen mit Behinderungen

Die Polizei schreibt immer einmal im Jahr auf:
Wie viele Straftaten gab es in diesem Jahr?
Das nennt man Kriminal·statistik.
So kann man vergleichen:
Gibt es im Laufe der Zeit mehr oder weniger Straf·taten?

So kann man erkennen:
Es gibt immer mehr Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen.
Im Jahr 2015 gab es 151 Straf·taten gegen Menschen mit
Behinderungen.
Und im Jahr 2019 gab es 238 Straf·taten gegen Menschen mit
Behinderungen.

Was kann man noch aus der Kriminal·statistik erkennen?

  • Menschen mit Behinderungen erleben sehr oft Gewalt.
  • Frauen mit Behinderungen erleben mehr Gewalt als Männer mit Behinderungen.
  • In Wohn·heimen erleben Menschen mit Behinderungen besonders oft Gewalt.
    Öfter als bei der Pflege zu Hause.

Aber man weiß nicht sicher:
Wie oft erleben Menschen mit Behinderungen Gewalt?
Denn:
Nicht alle Straf·taten werden auch gemeldet.
Viele Menschen mit Behinderungen sprechen nicht über die Gewalt.
Darum kennt man die genauen Zahlen nicht.

Das Projekt #AbleismusTötet hat Gewalt gegen Menschen mit
Behinderungen untersucht.
Aber:
Wir konnten nicht alle Fälle unter·suchen.
Sondern nur die Fälle, die gemeldet wurden.
Wir wissen:
Das ist nur ein kleiner Teil der Straf·taten.
Das Thema ist viel größer.

Warum sprechen so viele Menschen mit Behinderungen nicht über die Gewalt?
Das hat verschiedene Gründe.
Es hat mit dem Leben im Wohn·heim zu tun.
Und mit den Personen, die die Gewalt aus·üben.
Viele Menschen mit Behinderungen bestimmen nicht selbst über ihr
Leben.

Andere Menschen entscheiden für sie.
Zum Beispiel Angehörige.
Oder Betreuer*innen.
So wissen Menschen mit Behinderungen oft nicht:
Wie können sie sich gegen die Gewalt wehren?
Oder mit wem können sie über die Gewalt sprechen?
Wo finden sie Hilfe und Unterstützung?

Das muss sich ändern!
Menschen mit Behinderungen müssen gestärkt werden.
Sie müssen wissen:
Wie kann ich die Gewalt stoppen?
Wie kann ich mich wehren?

Wer muss etwas tun?

Die Bundes·regierung muss die Situation für Menschen mit
Behinderungen verbessern.
Und auch die Landes·regierungen müssen etwas verändern.
Aber:
Auch in den Wohn·heimen selbst muss vieles verändert werden.
Die Leitungen der Wohn·heime müssen mehr gegen die Gewalt tun.
Sodass Menschen mit Behinderungen besser unterstützt werden.
Sodass Menschen mit Behinderungen besser über ihr eigenes Leben
bestimmen können.
Sodass sie gestärkt werden.
Damit die Gewalt gar nicht erst passiert.

Was muss sofort verändert werden? Und was muss in der Zukunft verändert werden?

Im Folgenden werden wir genauer erklären:
Was kann man gegen die Gewalt in Wohn·heimen tun?
Was muss sich verändern?
Was kann sofort verändert werden?
Und was muss in Zukunft verändert werden?

Das haben wir durch das Projekt #AbleismusTötet heraus·gefunden.
Weil wir die Gewalt·taten genauer unter·sucht haben.
Unser Ergebnis ist:
Die Gewalt in den Wohn·heimen hat verschiedene Gründe.
Es gibt Probleme in verschiedenen Bereichen.
Darum muss auch in verschiedenen Bereichen etwas verändert werden.
Damit es in Zukunft weniger Gewalt in Wohn·heimen gibt.

Unser größtes Ziel ist:
In Zukunft soll es keine Wohn·heime für Menschen mit Behinderungen
mehr geben.

Wie können wir das erreichen?
Das erklären wir jetzt genauer.

Veränderungen für die Zukunft

Wohn·heime für Menschen mit Behinderungen sind geschlossene Systeme. Das bedeutet: Dort leben nur Menschen mit Behinderungen. Das muss sich ändern!

Wir fordern:
In Zukunft soll es keine Wohn·heime für Menschen mit Behinderungen mehr geben.
Das fordern wir nicht alleine.
Auch Menschen·rechts·organisationen setzen sich dafür ein.
Und Organisationen von Menschen mit Behinderungen.

Wohn·heime für Menschen mit Behinderungen sind geschlossene
Systeme.
Das bedeutet:
Dort leben nur Menschen mit Behinderungen.
So sind Menschen mit Behinderungen an vielen Orten nicht sichtbar.
Sie begegnen Menschen ohne Behinderungen nicht.
So sind sie vom Zusammen·leben ausgeschlossen.
Sie können nicht mit·reden.
Sie können nicht mit·bestimmen.
Sie können nicht frei über ihr Leben entscheiden.

Menschen mit Behinderungen können oft nicht frei entscheiden:
Wie und wo will ich leben?
Viele Menschen mit Behinderungen denken:
Ich kann nur im Wohn·heim leben.
Es gibt keine andere Möglichkeit.
In Wohn·heimen sind Menschen mit Behinderungen von anderen abhängig.
Zum Beispiel von der Heim·leitung.
Und von Betreuer*innen.
Diese Menschen haben Macht über Menschen mit Behinderungen und
ihr Leben.
Und diese Menschen üben oft Gewalt aus.

Menschen ohne Behinderungen haben in der Gesellschaft mehr Macht
als Menschen mit Behinderungen.
Das ist ein Grund für Gewalt.
Able·ismus ist ein anderer Grund für Gewalt.

Darum ist wichtig:
Die Verteilung von Macht muss sich verändern.
Menschen mit Behinderungen dürfen nicht mehr abhängig sein von
Menschen ohne Behinderungen.
Sie müssen gestärkt werden.
Sie müssen sich besser durch·setzen können.
Dann können sie sich besser gegen Gewalt wehren.

Menschen mit Behinderungen müssen nicht in Wohn·heimen leben.
Aber sie kennen oft keine anderen Möglichkeiten.
Auch das muss sich ändern.
Menschen mit Behinderungen müssen verschiedene Wohn·formen
kennen·lernen.
Und sie müssen ihre Rechte kennen.
Sie müssen wissen:
Wo finden Sie Hilfe gegen Gewalt?
Damit sie sich besser gegen Gewalt wehren können.

Nicht die Menschen mit Behinderungen sind schuld an der Gewalt.
In den Wohn·heimen muss viel verändert werden.
Denn bis jetzt erleben Menschen mit Behinderungen dort jeden Tag viele
verschiedene Formen von Gewalt.
Gewalt durch Mitarbeiter*innen.
Das muss sich ändern!
Die Gewalt muss auf·hören!

Wir haben viele Beispiele für Gewalt in Wohn·heimen gefunden.
Es gibt verschiedene Auslöser für diese Gewalt.
Zum Beispiel diese:

  • Menschen mit Behinderungen können oft nicht frei über ihr Leben entscheiden.
    Sie entscheiden nicht selbst über diese Fragen:
    Wo wohne ich?
    Mit wem wohne ich zusammen?
    Was esse ich?
    Wann gehe ich raus?
    Wie verbringe ich meine Freizeit?
    Wann schlafe ich?
    Andere Menschen entscheiden darüber.
  • Viele Betreuer*innen achten die Wünsche und Bedürfnisse von
    Menschen mit Behinderungen nicht.
    Und sie achten ihre Grenzen nicht.
  • Viele Menschen mit Behinderungen brauchen im Alltag Assistenz.
    Darum werden sie oft von anderen angefasst.
    Das passiert oft, ohne es zu besprechen.
    Ohne Erklärung.
    Ohne Erlaubnis.
    Und gegen den Willen der Person mit Behinderung.
    Auch das ist Gewalt.

Mitarbeiter*innen in den Wohn·heimen haben Macht über Menschen mit
Behinderungen.
Und viele Mitarbeiter*innen missbrauchen diese Macht.
Sie achten nicht auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen.
Auch wenn Menschen mit Behinderungen sagen, was sie wollen und
brauchen.
Das ist eine Form von Gewalt.

Aber es gibt auch körperliche Gewalt gegen Menschen mit
Behinderungen in Wohn·heimen.
Und seelische Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen.

Alle diese Formen von Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen
haben dasselbe Ziel.
Sie wollen den Menschen mit Behinderungen zeigen:
Ich habe Macht über dich.
Du bist abhängig von mir.
Du musst tun, was ich sage.

Das Projekt #AbleismusTötet zeigt:
Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen passiert oft.
Sie hat viele verschiedene Formen.
Es geht dabei um Macht.

Menschen mit Behinderungen entscheiden in Wohn·heimen oft nicht
selbst über ihr Leben.
Darin müssen sie unter·stützt werden.
Sie müssen gestärkt werden.
Sie müssen ihre Grenzen kennen.
Und ihre Rechte.
Damit sie frei entscheiden können.
Und damit sie sich dann auch für ihre Entscheidungen einsetzen
können.
Für ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse.

Viele Menschen mit Behinderungen leben in Wohn·heimen.
Dort haben sie nur wenig Privat·sphäre.
Das bedeutet:
Sie haben nur wenig privaten Raum für sich selbst.
Sie können oft nicht selbst entscheiden:
Wie will ich wohnen?
Wo will ich wohnen?
Mit wem will ich zusammen·leben?
Sie bestimmen nicht selbst über ihren Alltag.
Andere entscheiden für sie:
Was gibt es zu essen?
Wann gehe ich nach draußen?
Wann gehe ich schlafen?

Menschen mit Behinderungen treffen viele Entscheidungen nicht selbst.
In Wohn·heimen gibt es viele Regeln.
Und Menschen mit Behinderungen halten sich meist an diese Regeln.
Die Regeln machen den Alltag der Mitarbeiter*innen einfacher.

Darum sind Menschen mit Behinderungen in Wohn·heimen anfällig für
Gewalt.

In Wohn·heimen für Menschen mit Behinderungen gibt es verschiedene
Formen von Gewalt.
Gewalt durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Und strukturelle Gewalt.
Denn:
Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen haben Macht über das Leben von
Menschen mit Behinderungen.
Diese Macht darf es nicht mehr geben.
Menschen mit Behinderungen müssen selbst über ihr Leben bestimmen
können.
Sie müssen gestärkt werden.
Sie müssen wissen:
Wie sind meine Rechte?
Und:
Wie kann ich mich wehren, wenn ich nicht einverstanden bin?

Im Jahr 2007 hat Deutschland den UN-Vertrag unterschrieben.
Seit 2009 gilt sie.
Im UN-Vertrag geht es um die Menschen·rechte.
Im UN-Vertrag steht:
Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Teilhabe.
In allen Lebens·bereichen.

Das bedeutet auch:
Menschen mit Behinderungen müssen vor Gewalt geschützt werden.
Sie müssen sicher und selbst·bestimmt wohnen.
Sie müssen gut versorgt werden.
Und sie müssen frei und selbständig über ihr Leben entscheiden.
Und das bedeutet auch:
In Zukunft darf es keine Wohn·heime mehr geben.

Das ist eine wichtige Aufgabe.
Für Politiker*innen.
Und für uns alle.

Wir brauchen mehr barriere·freie Wohnungen

Menschen mit Behinderungen brauchen andere Möglichkeiten
zum Wohnen.
Keine Wohn·heime.
Darum brauchen wir mehr barriere·freie Wohnungen.
Und:
Die Wohnungen dürfen nicht zu teuer sein.
Alle müssen sie bezahlen können.

Viele Wohnungen sind sehr teuer.
Und es gibt zu wenige barriere·freie Wohnungen.
Darum wissen Menschen mit Behinderungen oft nicht:
Wo kann ich wohnen?
Vor allem, wenn ich nicht in einem Wohn·heim wohnen will.
Vielleicht will ein Mensch mit Behinderung lieber alleine wohnen.
Oder zusammen mit einem oder einer Partner*in.
Oder in einer Wohn·gemeinschaft.
Oder in einem Mehr·generationen·wohn·projekt.
Also zusammen mit unterschiedlich alten und jungen Menschen.
Bei all diesen Entscheidungen ist wichtig:
Es muss gute Assistenz geben.

Aber:
Viele Menschen suchen nach einer Wohnung.
Nicht nur Menschen mit Behinderungen.
Eine Wohnung zu finden, ist schwer.
Erst recht eine barriere·freie Wohnung.
2020 suchten 3 Millionen eine barriere·freie Wohnung.
Aber zur selben Zeit gab es nur 560.000 barriere·freie Wohnungen.
Das bedeutet:
Es gibt viel zu wenig barriere·freie Wohnungen.
Und:
In Zukunft soll es keine Wohn·heime mehr geben.
Dann werden noch mehr Es gibt viel zu wenig barriere·freie Wohnungen
gebraucht.

Menschen mit Behinderungen sind sehr unter Druck.
Sie wissen:
Es ist schwer, eine barriere·freie Wohnung zu finden.
Darum entscheiden sie vielleicht:
Ich ziehe in ein Wohn·heim.
Auch wenn ich lieber anders wohnen würde.

Beim Wohnen im Wohn·heim ist klar:
Wer bezahlt für das Wohnen?
Bei einer eigenen Wohnung kann das komplizierter sein.
Vielleicht sind verschiedene Stellen dafür zuständig.
Auch dann denken Menschen mit Behinderungen vielleicht:
Ich ziehe besser in ein Wohn·heim.
Auch wenn ich lieber anders wohnen würde.

Es ist Aufgabe der Bundes·länder und Städte:
Es muss mehr günstige und barriere·freie Wohnungen geben.
Zum Beispiel:
Inklusive, barriere·freie Sozial·wohnungen.

Gesetze zum Thema Wohnen werden in den Bundes·ländern
beschlossen.
Sie entscheiden über Neu·bauten.
Die Bundes·länder machen die Regeln dafür.
Diese Regeln werden in den Landes·bau·ordnungen aufgeschrieben.
In Zukunft soll in den Landes·bau·ordnungen stehen:
Es muss auch barriere·frei neu gebaut werden.
Das muss in den Landes·bau·ordnungen aller Bundes·länder stehen.
Nur dann können Menschen mit Behinderungen selbständig
entscheiden:
Wie und wo will ich wohnen?

Das Ziel muss sein:
Keine Wohn·heime mehr.
Dafür mehr barriere·freie Wohnungen und gute Assistenz.
So können Menschen mit Behinderungen in einem eigenen Zuhause
wohnen.
So entscheiden nicht mehr andere Menschen über das Leben von
Menschen mit Behinderungen.
Sie haben keine Macht mehr über Menschen mit Behinderungen.
Dann gibt es auch weniger Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen.
Weil sie freier leben.
Und weil sie selbst·bestimmt entscheiden.

Das bedeutet:
Viele Menschen mit Behinderungen leben in Wohn·heimen.
Auch wenn sie es nicht wollen.
Sie fühlen sich dazu gezwungen.
Das zeigt zum Beispiel ein Gerichts·urteil vom Sozial·gericht Hamburg
aus dem Jahr 2018:
Ein Mann mit Behinderung wollte nicht in einem Wohn·heim leben.
Sondern in einer eigenen Wohnung.
Dort braucht er 24-Stunden-Asssistenz.
Er sagte:
Er will selbst über sein Leben bestimmen.
Und das geht in einem Wohn·heim nicht.
Er hat einen Antrag dafür gestellt.
Aber zuerst wurde sein Antrag abgelehnt.
Die Begründung dafür war:
Die 24-Stunden-Asssistenz in der eigenen Wohnung kostet mehr als die
24-Stunden-Asssistenz in einem Wohn·heim.

Der Mann mit Behinderung hat geklagt.
Darum musste ein Gericht über seinen Wunsch entschieden.
Die Entscheidung hat 6 Jahre lang gedauert.
In dieser Zeit musste der Mann mit Behinderung in einem Wohn·heim
leben.

Fälle wie dieser zeigen:
Menschen mit Behinderung können nicht frei über ihr Leben
entscheiden.
Das ist Gewalt.
Es wird gesagt:
Wohnen im Wohn·heim kostet weniger.
Und es gibt zu wenige barriere·freie Wohnungen.
Aber:
Menschen mit Behinderungen dürfen frei über ihr Wohnen entscheiden.
Es ist ein Menschen·recht.
Das ist wichtiger als Geld.

Aber:
Bis heute darf man Menschen mit Behinderungen in Wohn·heimen unterbringen.
Auch gegen ihren Willen.
So steht es im Gesetz.

Menschen mit Behinderungen brauchen mehr persönliche Unterstützung.

Behinderte Menschen brauchen persönliche Unterstützung.
Damit sie ein selbst·bestimmtes Leben führen können.

Alle Menschen mit Behinderungen müssen persönliche Unterstützung
bekommen können.
Das bedeutet:
Die Unterstützung muss barriere·frei werden.
Menschen mit Behinderungen müssen selbst·bestimmt leben können.
Dafür brauchen sie:

  • barriere·freie Wohnungen
  • persönliche Unterstützung

Menschen mit Behinderungen können selbst entscheiden:
Welche Form von persönliche Unterstützung wollen und brauchen sie?
Wo wollen sie diese Unterstützung?
Wann wollen sie diese Unterstützung?
Und von wem?
Nur der Mensch mit Behinderung entscheidet darüber.
Nur so hilft die persönliche Unterstützung bei einem selbst·bestimmten
Leben.

Wie wird die persönliche Unterstützung bezahlt?
Über das Persönliche Budget.
Jeder Mensch braucht unterschiedlich viel oder wenig Assistenz.
Vielleicht sind es nur einzelne Stunden in der Woche.
Aber vielleicht ist es auch eine 24-Stunden-Assistenz.

Es muss in Zukunft weniger Gewalt gegen Menschen mit
Behinderungen geben.
Darum muss es einfacher werden, persönliche Unterstützung zu
bekommen.
Man muss die Anträge leicht ausfüllen können.
Die Anträge müssen schneller bearbeitet werden.
Alle müssen wissen:
Wer hat ein Recht auf persönliche Unterstützung?
Und wie kann man sie bekommen?

Persönliche Unterstützung kostet Geld.
Darum wird oft gesagt:
Menschen mit Behinderungen können auch im Wohn·heim
Unterstützung bekommen.
Das kostet weniger Geld.
Auch so werden Menschen mit Behinderungen in Wohn·heime
gedrängt.
Aber:
Im Wohn·heim können Menschen mit Behinderungen nicht frei über ihr
Leben entscheiden.
Man kann auch sagen:
Sie leben fremd·bestimmt.
Andere sagen den Menschen mit Behinderungen, was sie tun müssen.
Und wann sie es tun müssen.
Das ist Gewalt.
Diese Gewalt kann Menschen mit Behinderungen krank machen.
Ihre Körper können krank werden.
Oder ihre Seelen.

Dann muss der Mensch mit Behinderung zum Arzt oder zu einer Ärztin.
Das kostet Geld.
Man kann also nicht sagen:
Die Unterstützung im Wohn·heim kostet weniger Geld.

Menschen mit Behinderungen müssen wissen:
Welche Formen von Assistenz und Unterstützung gibt es?
Und wie kann ich diese Unterstützung bekommen?
Und alle Menschen mit Behinderungen müssen diese Assistenz und
Unterstützung barriere·frei bekommen können.
Außerdem müssen sie wissen:
Wie lange dauert ein Antrag auf persönliche Unterstützung?
Wie lange dauert die Entscheidung beim Amt?
Und kann im Not·fall schneller entschieden werden?

Persönliche Unterstützung muss man in Zukunft leichter bekommen
können.
Darum muss es in Zukunft dafür eine einzige Stelle als
Ansprech·partnerin geben.
Nicht mehr viele verschiedene Stellen, so wie jetzt.
Das Bundes·teilhabe·gesetz bietet die Möglichkeit dazu.

Vieles muss vereinfacht werden:

  • Für einen Antrag auf persönliche Unterstützung braucht man Informationen.
    Alle Menschen müssen diese Informationen leicht und schnell bekommen können.
  • Diese Informationen müssen barriere·frei sein.
    Das bedeutet zum Beispiel:
    Es muss die Informationen auch in Leichter Sprache geben.
    Und in Gebärden·sprache.
    Und in Braille·schrift.
  • Das Geld für persönliche Unterstützung kommt von verschiedenen Stellen.
    Diese Stellen müssen besser zusammen·arbeiten.
    Die Anträge müssen schneller von einer Stelle zur anderen weiter·geleitet werden.
  • Man muss gute Beratung zu den Anträgen bekommen.
    Zum Beispiel bei einer Ergänzenden unabhängigen Teilhabe·beratung.
    Darüber müssen die Menschen mit Behinderungen informiert werden.

Menschen mit Behinderungen haben ein Wunsch- und Wahl·recht.
Das bedeutet:
Sie dürfen frei entscheiden:

  • Wo will ich wohnen?
  • Wie will ich wohnen?
  • Will ich alleine oder mit anderen zusammen leben?
    So steht es im Gesetz.
    Das Wunsch- und Wahl·recht ist wichtiger als Geld.
    Das bedeutet:
    Niemand darf einem Menschen mit Behinderungen sagen:
    Du musst in einem Wohn·heim wohnen.
    Weil es weniger Geld kostet.
    Das verstößt gegen die Menschen·rechte von Menschen mit
    Behinderungen.

In Wohn·heimem kann man Assistenz poolen.
Das bedeutet:
Mehrere Menschen mit Behinderungen teilen sich eine Assistenz.
Aber:
Durch das Poolen darf das Leben der Menschen mit Behinderungen
nicht fremd·bestimmter werden.
Sie müssen trotzdem frei entscheiden können:
Wann brauche ich Assistenz wofür?
Menschen mit Behinderungen dürfen nicht zum Poolen gezwungen
werden.
Das ist Gewalt.
Menschen mit Behinderungen müssen frei darüber entscheiden können.
Und:
Sie können es immer wieder neu entscheiden.

Es bleibt dabei:
Das Ziel muss sein:
In Zukunft darf es keine Wohn·heime mehr für Menschen mit
Behinderungen geben.
Menschen mit Behinderungen müssen frei entscheiden können:
Wie und wo will ich leben?
Und welche Assistenz brauche ich dafür?

Was kann man sofort tun gegen die Gewalt in Wohn·heimen?

In Zukunft darf es keine Wohn·heime für Menschen mit Behinderungen
mehr geben.
Das ist das Wichtigste.
Aber:
Das braucht Zeit.
Man kann es nicht sofort verändern.
Darum muss noch mehr getan werden.
Es muss auch schnelle Veränderungen geben.
Dinge, die man sofort gegen die Gewalt tun kann.
Man kann auch sagen:
Diese Veränderungen sind eine Erste Hilfe gegen die Gewalt.
Für die Zeit, in der es noch Wohn·heime gibt.
Dinge müssen anders organisiert werden.
Das nennt man kurz·fristige Maßnahmen.
Es bedeutet:
Man muss schnell etwas verändern.

10 Kurz·fristige Maßnahmen

1 Selbst·bestimmung

Menschen mit Behinderungen müssen so selbst·bestimmt und so frei wie möglich leben dürfen!
Auch im Wohn·heim.

Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen haben Macht über Menschen mit
Behinderungen.
Sie entscheiden über viele Punkte im Leben der Menschen mit
Behinderungen.
Zum Beispiel über diese Fragen:

  • Wann gibt es etwas zu essen?
  • Welche Angebote gibt es in der Freizeit?
  • Welche Regeln gibt es zum Zusammen·leben?

Das muss sich ändern.
Menschen mit Behinderungen müssen mehr selbst bestimmen können.
In allen Lebens·bereichen.
Bei der Arbeit.
Beim Wohnen.
Und beim Zusammen·leben.

Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen müssen sich fragen:

  • An welchen Stellen habe ich Macht über das Leben von
    Menschen mit Behinderungen?
  • Wie kann ich das verändern?
  • Wie kann ich Menschen mit Behinderungen bei der
    Selbst·bestimmung unterstützen?

Dabei sind die Interessen der Menschen mit Behinderungen wichtiger
als die Interessen der Mitarbeiter*innen.

Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Selbst·bestimmung.
Das gilt auch im Wohn·heim.
Das müssen alle an·erkennen:

  • die Mit·arbeiter*innen
  • die Leitung, also die Chefs und Chefinnen
  • die Heim·aufsicht

Was bedeutet das im Alltag?
Menschen mit Behinderungen dürfen über alle Bereiche ihres Lebens
selbst bestimmen:

  • Wann möchte ich im Wohn·heim sein?
  • Wann will ich nicht im Wohn·heim sein?
  • Wann will ich nach draußen gehen und wohin?
  • Was möchte ich in meinem Alltag machen?
  • Mit wem möchte ich meine Zeit verbringen?
  • Möchte ich eine Beziehung haben?
    Und wenn ja, mit wem?
  • Möchte ich Sex haben?
    Und wenn ja, mit wem?

Manche Menschen mit Behinderungen brauchen Assistenz im Alltag.
Bei jedem Menschen mit Behinderungen ist es unterschiedlich:
Wie viel oder wenig Assistenz braucht die Person im Alltag?
Auch über die Assistenz dürfen Menschen mit Behinderungen selbst entscheiden:

  • Welche Assistenz brauche ich?
  • Wann brauche ich die Assistenz?
  • Wer soll mich unterstützen?

Das muss ganz normal werden.
Auch in den Wohn·heimen.
Es darf keine Diskussionen darüber geben.

Und:
Die Assistenz für Menschen mit Behinderungen muss nicht im
Wohn·heim arbeiten.
Auch Personen von außen können Menschen mit Behinderungen
unter·stützen.
Zum Beispiel in der Freizeit.
Auch das macht die Person mit Behinderung freier.

Selbst·bestimmung im Wohnheim ist ein wichtiges Thema.
Durch mehr Selbst·bestimmung kann auch das Verhältnis von
Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen verbessert werden.

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Diese Organisationen fordern:

  • Bewohner*innen in Wohn·heimen dürfen bei allen Entscheidungen im Wohn·heim
    mit·bestimmen.
  • Bewohner*innen in Wohn·heimen dürfen ihren Alltag frei planen und selbst bestimmen.
  • Alle Bewohner*innen haben das Recht auf eine persönliche Unterstützung.
  • Jeder Mensch mit Behinderungen darf frei entscheiden:
    Welche Person soll mich unterstützen?
2 Leben und Arbeiten

Leben und Arbeiten gehören zusammen.
Das ist auch bei Menschen mit Behinderungen so.
Die Lebens·bedingungen und die Arbeits·bedingungen von Menschen
mit Behinderungen in Wohn·heimen müssen verbessert werden.

In Zukunft soll es keine Wohn·heime mehr geben.
Aber im Moment gibt es sie noch.
Darum müssen die Lebens·bedingungen und die Arbeits·bedingungen
für Menschen mit Behinderungen dort verbessert werden.
Damit es in Zukunft weniger Gewalt gegen Menschen mit
Behinderungen in Wohn·heimen gibt.

Im Moment sind die Arbeits·bedingungen vieler Mitarbeiter*innen in
Wohn·heimen schlecht.
Das darf kein Grund für Gewalt sein.
Aber:
Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen und Werkstätten haben oft Stress.
Und das merken dann auch die Menschen mit Behinderungen.
Dieser Stress führt zu:

  • Müdigkeit und Erschöpfung der Mitarbeiter*innen
  • zu wenig Zeit
  • Druck
  • Die Arbeit muss trotzdem geschafft werden.
  • Die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen werden nicht beachtet.

Das zeigt:

  • Die Arbeits·bedingungen vieler Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen müssen
    verbessert werden.
  • Es müssen mehr Mitarbeiter*innen eingestellt werden.
  • Die Arbeitszeiten der Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen müssen
    kürzer sein.
  • Die Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen müssen besser bezahlt werden.

So wird auch die Gefahr für Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen
kleiner.
Und die Mitarbeiter*innen könnten sich besser um die Bedürfnisse von
Menschen mit Behinderungen kümmern.

Die TU Darmstadt hat eine wissenschaftliche Untersuchung gemacht.
In der Untersuchung haben Forscher*innen heraus·gefunden:
Es gibt viel zu wenig Mitarbeiter*innen in der Behinderten·hilfe.

Die Forscher*innen haben 8.000 Mitarbeiter*innen der Behinderten·hilfe befragt.

2.000 der befragten Personen haben bei der Befragung gesagt:
Es gibt gerade keine freien Stellen in der Einrichtung der Behinderten·hilfe.
Aber trotzdem reichen die Mitarbeiter*innen nicht aus.

6.000 der befragten Personen machen oft Über·stunden.

6.400 der befragten Personen fühlen sich oft gehetzt.

Dazu kommt:
Viele Mitarbeiter*innen in der Behinderten·hilfe haben gar keine
Ausbildung für ihre Arbeit.
Auch das ist eine Gefahr für Menschen mit Behinderungen.

Viele Mitarbeiter*innen in der Behinderten·hilfe arbeiten nur in Teil·zeit.
Obwohl sie gerne mehr arbeiten würden.
Und viele Mitarbeiter*innen in der Behinderten·hilfe sind unzufrieden mit
ihrem Gehalt.

Nur 1.680 der befragten Personen sagen:
Bei meiner Arbeit habe ich genug Zeit für die Bewohner*innen.

Alle diese Zahlen und Antworten zeigen:
Die Arbeits·bedingungen in der Behinderten·hilfe sind schlecht.
Das kann an vielen Stellen zu Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen führen.
Darum müssen die Arbeits·bedingungen dringend verbessert werden.
Nur dann können Menschen mit Behinderungen in Wohn·heimen gut versorgt werden.

Außerdem müssen die Mitarbeiter*innen Fortbildungen machen.
Zum Beispiel zu diesen Themen:
Able·ismus
strukturelle Gewalt
Selbst·bestimmung von Menschen mit Behinderungen

Bei den Fortbildungen ist wichtig:
Die Fortbildungen müssen von Menschen mit Behinderungen gegeben
werden.
Das bedeutet:
Ein Mensch mit Behinderungen spricht über die Themen.
Denn nur ein Mensch mit Behinderungen kennt diese Themen aus dem
eigenen Leben.
Darum kann nur ein Mensch mit Behinderungen gut darüber sprechen.
Und der Mensch mit Behinderungen muss gut für die Fortbildung bezahlt
werden.

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Diese Organisationen fordern:

  • Die Arbeits·bedingungen in Wohn·heimen müssen verbessert werden.
  • Es muss mehr Mitarbeiter*innen in den Wohn·heimen geben.
  • Die Arbeits·zeiten der Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen müssen
    kürzer sein.
  • Die Mitarbeiter*innen in den Wohn·heimen müssen mehr Geld
    verdienen.
  • Die Mitarbeiter*innen in den Wohn·heimen müssen ein gutes
    Angebot an Fortbildungen bekommen.
    Zum Beispiel zum Thema Able·ismus und Gewalt.
  • Die Fortbildungen müssen von Menschen mit Behinderungen
    gegeben werden.
3 Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen – und das, bevor die Gewalt passiert

Es muss Gesetze geben zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen.
Und die Pläne zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen müssen
weiter·entwickelt werden.
Gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen.

Im Jahr 2009 hat Deutschland den UN-Vertrag unter·schrieben.
Im UN-Vertrag steht:
Es muss gute Gesetze zum Gewalt·schutz von Menschen mit
Behinderungen in Wohn·heimen geben.
Trotzdem gibt es diese Gesetze in Deutschland noch nicht.
Die Gesetze zu diesem Thema reichen nicht aus.

Im Gesetz steht:
Jedes Wohn·heim muss einen Plan haben zum Schutz vor Gewalt.
Das steht im Gesetz.
Aber im Gesetz steht nicht:
Was genau muss in dem Plan zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen
stehen?
Was genau muss in diesem Plan geregelt werden?
Und wie?

Und:
Die Pläne zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen werden nicht über·prüft.
Niemand prüft:
Ist der Plan gut?
Funktioniert der Plan auch?

Und noch etwas ist nicht klar:
Manchmal verstößt jemand vielleicht gegen den Plan zum Schutz vor
Gewalt in Wohn·heimen.
Was passiert dann?
Das ist nicht klar.

Genauso unklar ist:
In jedem Wohn·heim muss ein Plan zum Schutz vor Gewalt geschrieben
werden.
Das ist Arbeit.
Woher kommt das Geld für diese Arbeit?

Menschen mit Behinderungen müssen mit·arbeiten an den Plänen
zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen.
Nur dann können die Pläne funktionieren.

Alle Wohn·heime müssen einen Plan machen zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen.
Vor allem Frauen und Kinder müssen besser vor Gewalt geschützt werden.
Aber bis jetzt steht nicht im Gesetz:
Wie muss dieser Schutz aussehen?
Wieviel Schutz wird mindestens gebraucht in den Wohn·heimen?

Der Verein Weibernetz e.V. hat darum Regeln für diese Pläne Schutz vor
Gewalt in Wohn·heimen gemacht.
In diesen Regeln steht:
Was kann man gegen Gewalt in Wohn·heimen tun?
Was muss in den Wohn·heimen verändert werden?

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.****

Diese Organisationen fordern:

  • Alle Wohn·heimen müssen einen Plan zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen machen.
    Und für diese Pläne muss es klare Regeln geben.
    Damit die Pläne auch wirklich vor Gewalt schützen.
    Das muss auch in den Gesetzen stehen.
  • Die Pläne zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen muss immer
    wieder über·prüft werden.
    Diese Über·prüfung müssen Fach·leute machen.
  • Menschen mit Behinderungen müssen in den Wohn·heimen mehr
    mit·reden und mit·bestimmen.
    Das Wohnen dort muss mit Menschen mit Behinderungen gemeinsam geplant werden.
  • Menschen mit Behinderungen haben Rechte.
    Dieselben Rechte wie Menschen ohne Behinderungen.
    Ihre Rechte müssen in den Wohn·heimen geachtet werden.
  • In den Wohn·heimen muss es ein Leit·bild geben.
    In diesem Leit·bild muss stehen:
    So arbeiten die Mit·arbeiter*innen im Wohn·heim.
    Diese Regeln gelten dort.
    So können Menschen mit Behinderungen dort mit·reden und
    mit·bestimmen.
    Und: Welchen Schutz vor Gewalt gibt es in dem Wohn·heim?
4 Offen über Gewalt·fälle sprechen

Es gibt immer wieder Gewalt·fälle in Wohn·heimen.
Darüber muss offen gesprochen werden.

Überall kann Gewalt passieren.
An allen Orten, an denen Menschen aufeinander·treffen.
Man kann Pläne zum Schutz vor Gewalt in Wohn·heimen machen.
Trotzdem wird es Gewalt geben.
Darum muss klar sein:
Was passiert nach einer Gewalt·tat?
Wie geht das Wohn·heim mit der Gewalt um?
Wie kann offen darüber gesprochen werden?
Wer kontrolliert das Wohn·heim?
Wo kann man sich über Gewalt beschweren?
Wo werden Gewalt·fälle gemeldet?

Das muss allen Menschen in dem Wohn·heim klar sein.
Alle Menschen dort müssen die Antworten auf diese Fragen kennen.

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Diese Organisationen fordern:

  • Gewalt·fälle in Wohn·heimen müssen bekannt gemacht werden.
  • Es muss Regeln in den Wohn·heimen geben.
    In den Regeln muss stehen:
    Wie geht das Wohn·heim mit Gewalt um?
    Alle Menschen im Wohn·heim müssen diese Regeln kennen.
  • Was passiert nach einer Gewalt·tat im Wohn·heim?
    Was passiert mit den Mitarbeiter*innen?
    Wenn sie Gewalt ausgeübt haben?
    Werden die Mitarbeiter*innen suspendiert?
    Das bedeutet:
    Sie können dann nicht mit ihrer Arbeit im Wohn·heim weiter·machen.
    Wie reagiert die Leitung im Wohn·heim?
5 Wer kontrolliert die Wohn·heime? Wo kann ich mich über Gewalt beschweren?

Die Wohn·heime müssen immer wieder kontrolliert werden.
Die Kontrollen müssen unabhängige Fach·leute machen.
Außerdem muss es Beschwerde·stellen geben.
Alle müssen wissen:
Wo kann ich mich über Gewalt beschweren?

Weiter oben im Text steht schon:
Es muss in jedem Wohn·heim einen Plan zum Schutz vor Gewalt geben.
Aber bis jetzt steht noch nicht in den Gesetzen:
Wie müssen diese Pläne genau aus·sehen?
Was muss in den Plänen stehen?
Damit sie wirklich vor Gewalt schützen.

Wer macht bisher diese Kontrollen?
Das macht die Heim·aufsicht.
Aber die Regeln dafür sind in verschiedenen Bundes·ländern
unterschiedlich.
Das ist kompliziert.
Und:
Wer ist Teil der Heim·aufsicht?
Die Mitglieder der Heim·aufsicht sind oft keine Fach·leute für Gewalt in
Wohn·heimen.
Und die Heim·aufsicht ist für die Bewohner*innen oft nur schwer
erreichbar.

Es gab verschiedene Untersuchungen zum Thema Gewalt in
Wohn·heimen.
Diese Untersuchungen haben gezeigt:
Die Kontrolle der Wohn·heime reicht nicht aus.
Und oft wird strukturelle Gewalt in Wohn·heimen nicht erkannt.
Dafür wird mehr Kontrolle gebraucht.
Und die Kontrolle muss von unabhängigen Fach·leuten gemacht
werden.
Und nicht mehr von der Heim·aufsicht.
Verschiedene Fach·leute müssen Teil der Kontrollen sein:

  • Menschen mit Behinderungen, die selbst Gewalt erlebt haben
  • Forscher*innen, die sich mit dem Thema Behinderung
    aus·kennen
  • Fach·leute für Rechte und Gesetze

Durch diese Fach·leute kann offener und klarer über die Gewalt in
Wohn·heimen geredet werden.
Die Gewalt wird nicht mehr verschwiegen.
Und die Fach·leute wissen dann auch sofort:
Was kann gegen die Gewalt getan werden?
Was muss sofort passieren?
Zum Beispiel:
Wird jemand wegen der Gewalt angezeigt?
Gibt es eine Gerichts·verhandlung?
Das Kontroll·team muss aus Fach·leuten bestehen.
Und die Fach·leute müssen für ihre Arbeit bezahlt werden.
Es muss klar sein:
Wo kann ich mich als Mensch mit Behinderungen über Gewalt
beschweren?
Und es muss klar sein:
Wie und wo wird über die Gewalt in den Wohn·heimen berichtet?
Wie können alle Menschen davon erfahren?
Zum Beispiel:
Gibt es einmal im Jahr einen Bericht darüber?
In dem Bericht bekommt man dann diese Informationen:

  • Wie viele Gewalt·fälle in Wohn·heimen gab es?
  • Welche Arten von Gewalt gab es dort?
  • Wer hat die Gewalt·taten begangen?
    Also wer war der oder die Täter*in?

Dann kann man diese Informationen messen und vergleichen.
Und man kann genauer heraus·finden:
Was kann man gegen diese Gewalt tun?

Außerdem soll es unabhängige Beschwerde·stellen geben.
In der Nähe der Wohn·heime.
Die Bewohner*innen der Wohn·heime müssen von diesen
Beschwerde·stellen wissen.
Und sie müssen wissen:
Sie können sich zu jeder Zeit an die Beschwerde·stellen wenden.

Dafür ist wichtig:
Menschen mit Behinderungen müssen dort auch
Ansprech·partner*innen finden.
Die Gespräche müssen barriere·frei sein.
Also zum Beispiel in Gebärden·sprache.
Oder in Leichter Sprache.

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Diese Organisationen fordern:

  • Es muss eine unabhängige Kontrolle der Wohn·heime geben.
    Denn die Wohn·heime müssen immer wieder kontrolliert werden.
    Ohne Anmeldung.
  • Es muss an vielen Beschwerde·stellen geben.
    Menschen mit Behinderungen müssen die Beschwerde·stellen
    gut erreichen können.
    Und sie müssen dort barriere·frei über Gewalt sprechen können.
6 Was macht die Polizei?

Auch bei der Polizei muss es Regeln geben.
In den Regeln muss stehen:
Eine Person mit Behinderung meldet eine Gewalt·tat.
Was passiert dann?
Wie geht es weiter?

Das Projekt #AbleismusTötet hat heraus·gefunden:
Bis jetzt gibt es solche Regeln nicht.
Bis jetzt ist nicht klar:
Was passiert, wenn eine Person mit Behinderung eine Gewalt·tat
meldet?
Was machen Polizei und die Staats·anwaltschaft dann?
Diese Regeln müssen immer gleich sein.
In jeder Polizei·dienst·stelle.
In jeder Stadt.

Denn:
Es ist nicht leicht, zur Polizei zu gehen.
Menschen mit Behinderungen brauchen dafür Mut und Vertrauen.
Sie müssen bei der Polizei über die Gewalt sprechen.
Über die Gewalt, die sie erlebt haben.
Oft sind die Menschen mit Behinderungen abhängig von den
Täter*innen.
Darum brauchen sie schnellen Schutz nach einer Gewalt·tat.
Denn nach einer Anzeige bei der Polizei können sie in Gefahr sein.

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Diese Organisationen fordern:

  • Es muss Regeln für die Polizei geben.
    In diesen Regeln muss stehen:
    Ein Mensch mit Behinderung meldet eine Gewalt·tat bei der
    Polizei.
    Was passiert dann?
    Wie geht es weiter?
  • Diese Regeln müssen überall in Deutschland gleich sein.
  • Alle Polizei·dienst·stellen müssen diese Regeln kennen.
    - Polizist*innen müssen diese Regeln schon in der Ausbildung
    lernen.
  • Und es muss immer wieder Fortbildungen zu diesen Regeln
    geben.
7 Inklusive Gerichts·verhandlungen

Gerichte und die Staats·anwaltschaften wissen zu wenig über Inklusion.
Sie müssen mehr darüber lernen.
Sie müssen zum Beispiel werden:
Wie können Zeug*innen mit Behinderungen gut befragt werden?
Denn Gerichts·verhandlungen müssen barriere·freier und inklusiver
werden!

Fälle von Gewalt in Wohn·heimen werden bei der Polizei angezeigt.
Aber unter·sucht die Polizei den Fall dann auch?
Gibt es eine Gerichts·verhandlung?
Das ist nicht immer so.
Oft glauben Polizei und Staats·anwaltschaft:
Menschen mit Behinderungen sind keine guten Zeug*innen vor Gericht.
Das bedeutet dann:
Vielleicht wird den Menschen mit Behinderungen vor Gericht nicht
geglaubt.
Und dann werden die Täter*innen nicht verurteilt.

Darum werden Gewalt·taten gegen Menschen mit Behinderungen oft
gar nicht erst angezeigt.

Außerdem ist eine Anzeige bei der Polizei kompliziert.
Man muss dafür viele Papiere ausfüllen.
Viele Menschen mit Behinderungen wissen nicht:
Wie geht das?
Wie kann ich eine Anzeige stellen?
Persönlich bei der Polizei?
Oder im Internet?

Dabei gibt es viele Schwierigkeiten.
In vielen Wohn·heimen gibt es kein Internet für die Bewohner*innen.
Oder die Bewohner*innen können oder dürfen das Wohn·heim nicht
alleine verlassen.
Darum zeigen nur wenige Menschen mit Behinderungen Gewalt·taten
bei der Polizei an.

Es gibt nur wenige gute und barriere·freie Informationen für Menschen
mit Behinderungen zu diesem Thema.
Menschen mit Behinderungen wissen zum Beispiel oft nicht:
Wie können die Spuren von Gewalt gesichert werden?
Zum Beispiel bei der Polizei.
Oder bei Ärzt*innen.

Darum ist wichtig:
Gerichts·verhandlungen und Anzeigen bei der Polizei müssen
barriere·freier und inklusiver werden.
Nur dann können Menschen mit Behinderungen selbst·bestimmt
entscheiden:
Will ich eine Gewalt·tat anzeigen?

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Diese Organisationen fordern:

  • Richter*innen und Staatsanwält*innen müssen lernen:
    Wie können Zeug*innen mit Behinderungen gut befragt werden?
    Sie müssen es in ihrer Ausbildung lernen.
  • Richter*innen und Staatsanwält*innen müssen in ihrer Ausbildung
    lernen:
    Was ist Able·ismus?
    Und was ist strukturelle Gewalt?
  • Menschen mit Behinderungen müssen wissen:
    Wie können Spuren einer Gewalt·tat gesichert werden?
  • Gerichts·verhandlungen und Anzeigen bei der Polizei müssen
    barriere·freier und inklusiver werden.
8 Sexuelle Selbst·bestimmung

Menschen mit Behinderungen können selbst entscheiden:
Will ich Sex haben?
Und wenn ja, mit wem?
Viele Menschen mit Behinderungen entscheiden nicht selbst:
Möchte ich verhüten oder nicht?
Andere Menschen entscheiden es für sie.
Das nennt man erzwungener Verhütung.
Erzwungener Verhütung ist Gewalt.
Diese Gewalt darf es in Zukunft nicht mehr geben.

2009 hat Deutschland den UN-Vertrag unter·schrieben.
Im UN-Vertrag steht:
Menschen mit Behinderungen müssen vor Gewalt geschützt werden.
In ihrer Wohnung.
Und auch an anderen Orten.
Dabei geht es auch um sexuelle Gewalt.
Auch vor sexueller Gewalt müssen Menschen mit Behinderungen
geschützt werden.

Männer erleben andere Formen von Gewalt als Frauen.
Alte Menschen erleben andere Formen von Gewalt als junge Menschen.
All das muss auch beim Schutz vor Gewalt bedacht werden.

Dabei ist auch wichtig:
Alle Menschen haben ein Recht auf Privatsphäre.
Das gilt auch für Menschen mit Behinderungen.
Aber im Alltag wird die Privatsphäre von Menschen mit Behinderungen
oft nicht geachtet.
Das muss sich ändern.
Egal, wo die Menschen mit Behinderungen leben.

Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen muss abgeschafft
werden.
Sie müssen gleich·berechtigt sein.

Menschen mit Behinderungen müssen Informationen haben zu diesen
Themen:

  • Ehe
  • Familie
  • Eltern sein
  • Partnerschaften
  • Sex

Aber oft haben Menschen mit Behinderungen diese Informationen nicht.

2019 gab es in Sachsen eine Befragung.
Bei der Befragung kam heraus:
Viele erwachsene Menschen mit Lern·schwierigkeiten haben noch nie
mit anderen über Partnerschaft und Sex gesprochen.
Woher hatten die befragten Menschen Informationen über Sex?
Von ihren Müttern.
Aus dem Fernsehen.
Und aus dem Internet.

Aber:
Die Hälfte der befragten Menschen mit Behinderungen haben Fragen
zum Thema Partnerschaft.
Zum eigenen Körper.
Und zum Schutz vor sexualisierter Gewalt.

Die befragten Menschen hatten noch mehr offene Fragen.
Zum Beispiel über Selbst·befriedigung.
Oder zum Thema:
Wie gehe ich mit sexualisierter Gewalt um?
Wenn ich früher in meinem Leben sexualisierter Gewalt erlebt habe.

In dieser Befragung gaben viele der Menschen an:
Ich habe in meinem Leben schon sexualisierter Gewalt erlebt.
In dieser Umfrage war das auch bei der Hälfte der Männer so.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, selbst·bestimmte Erfahrung zu
machen.
Zum Beispiel Sexual·begleitung.
Aber viele Menschen mit Behinderungen wissen nichts über
Sexual·begleitung.

Die Studie hat nur Männer und Frauen zu ihrer Sexualität befragt.
Keine nicht-binären Menschen.

Die Befragung zeigt:
Menschen mit Behinderungen in Wohn·heimen können oft keine
selbst·bestimmte Sexualität leben.
Sie wissen zu wenig über Sexualität.
Sie haben keine Ansprechpartner*innen für ihre Wünsche und
Bedürfnisse.

Auch beim Thema Verhütung gibt es zu wenige Informationen.
Viele Menschen mit Behinderungen entscheiden nicht selbst über ihre
Verhütung.
Sie erleben erzwungene Verhütung.
Das heißt:
Andere entscheiden:
Der Mensch mit Behinderung muss verhüten.
Und andere entscheiden auch:
Wie muss die Person mit Behinderung verhüten?

In Wohnheimen fehlen:

  • private Räume
  • Privatsphäre
  • offene Gespräche über Sex und Partnerschaft
  • Informationen zum Thema Sex, nicht nur zum Thema Verhütung

In den Wohn·heimen gibt es oft erzwungene Verhütung.
Auch wenn Menschen mit Behinderungen das nicht wollen.
Das ist Gewalt.
Und es zeigt:
Menschen mit Behinderungen und ihre Wünsche und Bedürfnisse
werden in den Wohn·heimen oft nicht geachtet.
Sie können oft nicht frei über ihren Körper, ihre Sexualität und ihr Leben
entscheiden.
Sie erleben verschiedene Formen von Gewalt.
Sie haben schon Gewalt erlebt.
Und die Gewalt in ihren Leben hört nicht auf.

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Diese Organisationen fordern:

  • In den Wohn·heimen muss es Pläne geben zur besseren
    sexuellen Selbst·bestimmung der Bewohner*innen.
    Und Menschen mit Behinderungen müssen an diesen Plänen mit·arbeiten.
  • Es muss mehr inklusive Lern·angebote zum Thema Sex geben.
    - Die Privatsphäre der Bewohner*innen muss besser geschützt
    werden.
  • Es darf keine erzwungener Verhütung mehr geben.
9 Mehrfach·diskriminierungen

Oft werden Menschen aus mehr als nur einem Grund benachteiligt.
Das muss auch beim Gewalt·schutz stärker bedacht werden.

Menschen mit Behinderungen erleben in Wohn·heimen oft Gewalt.
Aber sie erleben auch Diskriminierung.
Menschen erleben Diskriminierung oft aus mehreren verschiedenen
Gründen.
Zum Beispiel:
Ein Mensch hat eine Behinderung.
Und er ist schwul.

Oder:
Eine Frau hat eine Behinderung.
Und sie hat eine dunkle Haut·farbe.

Oder:
Ein Mann hat eine Behinderung.
Und er ist Jude.

Diese Menschen erleben Mehrfach·diskriminierungen.
Das heißt:
Sie werden ungleich und ungerecht behandelt.
Aus mehreren Gründen.
Darum muss Mehrfach·diskriminierung Teil von Gewalt·schutz werden.
Menschen mit Behinderungen müssen an den Plänen zum
Gewalt·schutz mit·arbeiten.
Dabei ist wichtig:
Menschen sind in verschiedenen Ländern aufgewachsen.
Sie sprechen vielleicht verschiedene Sprachen.
Sie haben vielleicht verschiedene Religionen.
Sie leben ihren Alltag unterschiedlich.
All das muss auch in Wohn·heimen bedacht werden.

Vom Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gibt es ein Hand·buch zur Alten·pflege.
In dem Hand·buch steht:
Wie können verschiedene Kulturen in der Alten·pflege bedacht werden?
Für Menschen mit Behinderungen in Wohn·heimen gibt es so ein Handbuch noch nicht.
Es gibt noch keine Pläne für den Umgang mit Menschen aus verschiedenen Kulturen in Wohn·heimen.

Es muss Fortbildungen für die Mitarbeiter*innen geben.
Sie müssen wissen:
Wie gehe ich gut mit Bewohner*innen aus verschiedenen Kulturen um?
Wie können Menschen mit Behinderungen vor Mehrfach·diskriminierung
geschützt werden?
Das gilt für Menschen mit allen Geschlechtern.
Menschen mit Behinderungen müssen gestärkt werden.
Damit sie klar über ihre Wünsche und Bedürfnisse sprechen können.

Viele Menschen mit Behinderungen brauchen Pflege.
Menschen verschiedener Geschlechtern brauchen verschiedene Arten
von Pflege.
Das könnte zum Beispiel bedeuten:
Ein schwuler Mann mit Behinderung will gerne von einem schwulen
Mann gepflegt werden.
Oder es könnte bedeuten:
Eine muslimische Frau mit Behinderung will gerne von einer
muslimischen Frau gepflegt werden.

Zu dem Thema gab es im Jahr 2020 eine Befragung.
Die Forscher*innen wollten wissen:
Erleben Menschen mit Behinderungen in ihrem Leben Diskriminierung?
Und wenn ja:
Welche Gründe gibt es für die Diskriminierung?
Die meisten befragten Personen haben gesagt:
Sie haben schon mindestens einmal in ihrem Leben Diskriminierung
erlebt.
Zum Beispiel wegen ihrer Behinderung.
Oder weil sie trans sind.
Oder weil sie lesbisch sind.

Die Untersuchung zeigt:
Queere Menschen mit Behinderung erleben öfter Diskriminierung als
andere Menschen.
Das ist eine Belastung.
Man kann auch sagen:
Diese Menschen erleben Mehrfach·diskriminierung.

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Diese Organisationen fordern:

  • Mehrfach·diskriminierung muss Teil der Pläne zum Schutz vor
    Gewalt in Wohn·heimen werden.
10 Barriere·freie Einrichtungen und Beratungen

Es muss mehr sichere Schutz·räume geben.
An diesen Orten sind Menschen mit Behinderungen gut vor Gewalt geschützt.
Die Orte müssen barriere·frei sein.
Und es muss mehr Beratung geben für Menschen mit Behinderungen.
Dafür muss die Bundes·regierung Geld ausgeben.

Viele Menschen mit Behinderungen haben in ihrem Leben Gewalt erlebt.
Danach brauchen sie sichere Orte.
Sie brauchen Beratung.
Und sie brauchen Unterstützung.
Aber:
Oft sind diese Angebote nicht barriere·frei.

In vielen Städten in Deutschland gibt es Frauen·häuser.
Dort sind Frauen vor Gewalt geschützt.
Aber nur sehr wenige Frauen·häuser sind barriere·frei.

Es gibt auch Männer·häuser.
Dort sind Männer vor Gewalt geschützt.
Aber es gibt nur wenig Männer·häuser.
Und nur sehr wenige Männer·häuser sind barriere·frei.

Ein Problem ist auch:
Man kann keine Assistenz mit ins Männer·haus oder ins Frauen·haus
nehmen.
Warum ist das so?
Die Orte der Frauen·häuser und Männer·häuser sind geheim.
Damit die Menschen dort sicher sind.
Damit die Täter*innen die Häuser nicht finden können.
Darum darf niemand die Adresse kennen.
Auch die Assistenz nicht.

Das muss sich ändern:
Es muss mehr barriere·freie Frauen·häuser und Männer·häuser geben.
Und man muss eine Assistenz mitbringen können in die Frauen·häuser
und Männer·häuser.
Oder es kann eine Ersatz·assistenz in den Frauen·häusern und
Männer·häusern geben.
Nur dann sind es auch sichere Orte für Menschen mit Behinderungen.
Für diese Veränderungen muss die Bundes·regierung Geld ausgeben.

Auch in den Wohn·heimen muss es eine Fach·kraft geben.
Diese Person kann ein oder eine Ansprechpartner*in sein für Menschen mit Behinderungen.
Eine Vertrauens·person.
Damit Menschen mit Behinderungen über Gewalt sprechen können.

Diese Person muss unabhängig vom Wohn·heim sein.
Sie muss auch von einer anderen Stelle bezahlt werden.
Die Person muss eine Ausbildung haben.
Damit sie sich mit Gewalt auskennt.
Und mit seelischen Problemen nach einer Gewalt·tat.
Diese Person muss immer erreich·bar sein für die Menschen mit
Behinderungen im Wohn·heim.

Die Person muss auch Bescheid wissen über andere Beratungs·stellen.
Sie kann beim Finden der passenden Beratungs·stelle unter·stützen.

Die Vertrauens·person muss Fortbildungen machen.
Zum Beispiel Fortbildungen zu barriere·freier Beratung.
Fortbildungen zur Gebärden·sprache.
Fortbildungen zu Leichter Sprache.
Fortbildungen zu Able·ismus.

Wie kann eine gute Therapie Menschen mit Behinderungen
untersützen?
Zum Beispiel:
Wie kann eine Therapie für Menschen mit Lern·schwierigkeiten
aussehen?
Kann man eine Therapie zu dritt machen?
Mit einem oder einer Therapeut*in und einer Vertrauens·person?

Aber:
Nur sehr, sehr wenige Therapeut*innen kennen sich mit barriere·freier
Therapie aus.

Viele Organisationen setzen sich für Menschen·rechte ein.
Und für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Diese Organisationen fordern:

  • Es muss barriere·freie Schutz·räume für Menschen mit
    Behinderungen geben.
  • Es muss Angebote für barriere·freie Beratung und Therapie
    geben.

Schluss·folgerung: Das lernen wir daraus

Schluss·folgerung: Das lernen wir daraus

Der Alltag von Menschen mit und ohne Behinderungen ist sehr
verschieden.
Das hat auch mit dem Leben in Wohn·heimen zu tun.
In Wohn·heimen leben nur Menschen mit Behinderungen.
Man kann auch sagen:
Es ist eine Sonder·welt für Menschen mit Behinderungen.
In Wohn·heimen bestimmen Menschen mit Behinderungen nicht selbst
über ihr Leben.
Andere entscheiden für sie.
Die Grenzen von Menschen mit Behinderungen werden nicht geachtet.
Und sie erleben immer wieder verschiedene Formen von Gewalt.
Sie werden zu Opfern von Gewalt.
Das wird aus vielen Befragungen deutlich.

Gewalt·schutz für Menschen mit Behinderungen bedeutet:
Die Menschen mit Behinderungen müssen gestärkt werden.
Sie müssen wissen:
Welche Rechte habe ich?
Und wie kann ich mich gegen Gewalt und Fremd·bestimmung wehren?
Sie müssen selbst die Macht über ihr eigenes Leben zurück·gewinnen.

In Zukunft bedeutet das:
Es soll keine Wohn·heime mehr geben.
Menschen mit Behinderungen entscheiden dann selbst:
Wo und wie will ich wohnen?
Will ich alleine wohnen?
Oder mit anderen zusammen?

Was wird dafür gebraucht?

  • Es muss viel mehr barriere·freie Wohnungen geben.
    An allen Orten in Deutschland.
  • Es muss gute Assistenz geben.
    Damit Menschen mit Behinderungen selbst·bestimmt in der eigenen Wohnung wohnen können.
  • Gute Unterstützung muss wichtiger sein als Geld.
    Menschen mit Behinderungen müssen verschiedene Möglichkeiten haben, gute Assistenz zu bezahlen.
    Sie sind dann die Arbeit·geber*innen der Assistenzen.
  • Für die Assistenzen muss klar sein:
    Sie unterstützen Menschen mit Behinderungen im Alltag.
    Aber der Mensch mit Behinderung entscheidet.
    Der Mensch mit Behinderung steht im Mittel·punkt.

Aber:
Bis jetzt gibt es noch Wohn·heime.
Viele Menschen mit Behinderungen leben noch nicht frei und
selbst·bestimmt.
Darum muss das Leben in den Wohn·heimen sofort verändert werden.
Damit Menschen mit Behinderungen dort ein besseres Leben haben.

Was muss in den Wohn·heimen passieren?

  • Die Selbst·bestimmung von Menschen mit Behinderungen muss
    gestärkt werden.
    Sie müssen über·all im Wohn·heim mit·reden und mit·bestimmen
    können.
    Es muss mehr Mitarbeiter*innen in den Wohn·heimen geben.
    So bekommen Menschen mit Behinderungen bessere
    Unterstützung im Wohn·heim.
  • Das Wohnen im Wohn·heim muss verändert werden.
    Gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen.
    Ihre Wünsche und Bedürfnisse müssen im Mittel·punkt stehen.
  • Es muss bessere Gesetze zum Gewalt·schutz in den
    Wohn·heimen geben.
  • Es muss mehr Kontrollen in den Wohn·heimen geben.
    Die Kontrollen müssen unabhängig sein.
    Und ohne Ankündigung.
  • Es muss unabhängige Beschwerde·stellen geben.
    Damit Menschen mit Behinderungen wissen:
    Wo kann ich mich über Gewalt im Wohn·heim beschweren?
  • Menschen mit Behinderungen müssen ihre Sexualität frei leben
    können.
    Dafür muss es Pläne in den Wohn·heimen geben.
    Diese Pläne müssen zusammen mit Menschen mit Behinderungen geschrieben werden.
  • Es muss offen über die Gewalt in den Wohn·heimen gesprochen
    werden.
    Es muss Berichte darüber geben.
    Alle müssen wissen:
    In welchen Wohn·heimen gab es Gewalt?
    Was ist dort passiert?
    Und wie oft ist es passiert?
  • Es muss Regeln geben zum Umgang mit der Gewalt in
    Wohn·heimen.
    Was passiert nach einer Gewalt·tat in einem Wohn·heim?
    Wie können die Bewohner*innen vor mehr Gewalt geschützt
    werden?
  • Gerichts·verhandlungen müssen barriere·freier werden.
  • Die Arbeit der Polizei muss sich verändern.
    Polizist*innen müssen mehr über den Umgang mit Menschen mit
    Behinderungen lernen.
    Alle Polizist*innen müssen wissen:
    Ein Mensch mit Behinderung meldet eine Gewalt·tat.
    Was passiert jetzt?
    Wie kann die Person mit Behinderung jetzt gut geschützt
    werden?
    Und sie müssen wissen:
    Wie können Menschen mit Behinderungen gut als Zeug*innen befragt werden?
  • Menschen mit Behinderungen müssen wissen:
    Wie können die Spuren von Gewalt gesichert werden?
  • Viele Menschen mit Behinderung erleben.
    Viele von ihnen erleben Mehrfach·diskriminierung.
    Darum müssen Mitarbeiter*innen in Wohn·heimen gut über Mehrfach·diskriminierung Bescheid wissen.
    Sie müssen Schulungen zu diesem Thema machen.
    Bei den Schulungen müssen Menschen mit Behinderungen über
    das Thema Mehrfach·diskriminierung informieren.
  • Viele Menschen mit Behinderungen erleben Gewalt in ihrem
    Leben.
    Nach einer Gewalt·tat brauchen Menschen mit Behinderungen
    Schutz·räume.
    Diese Schutz·räume müssen barriere·frei sein.
  • Nach einer Gewalt·tat brauchen Menschen mit Behinderungen
    Beratung.
    Sie müssen lernen:
    Wie kann ich mit dem Gewalt·erlebnis leben?
    Die Beratung muss barriere·frei sein.
  • Es gibt zu wenig Therapie·angebote für Menschen mit
    Behinderungen.
    Das müssen mehr werden.
    Auch die Therapie·angebote müssen barriere·frei sein.
  • Menschen mit Behinderungen müssen in unserer Gesellschaft
    gestärkt werden.
    Sie müssen ihre Rechte kennen.
    Sie müssen überall mit·reden und mit·bestimmen.
    Sie haben ein Recht auf Schutz vor Gewalt.
    Sie haben ein Recht auf Bildung und Lernen.
    Sie haben ein Recht auf Beratung.
    Sie haben ein Recht auf medizinische Behandlung und Therapie.

Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf ein Leben ohne Gewalt.
Sie müssen besser geschützt werden.